Im Porträt: Anja und Ben von Alb Knives

Anja Halbauer-Riedel und Ben Halbauer sind Geschwister und Geschäftspartner. Mit Alb Knives haben sie gemeinsam in Gerstetten auf der Schwäbischen Alb einen Messerladen eröffnet. Das Besondere: Ben macht die Messer in der eigenen Werkstatt selbst.

Anja Halbauer-Riedel und Ben Halbauer von Alb Knives

Hey, vielen Dank für die Einladung in euren Laden. Seit wann seid ihr hier?

Anja: Den Laden haben wir 2020 eröffnet. Wir sind gebürtig aus Gerstetten und haben nach einem Laden gesucht, als Anlaufstelle für den Verkauf von Bens handgefertigten Messern. Alles, was wir hier auch an Zubehör verkaufen, stellen wir selbst her - vom Abziehleder bis zum Klingenschutz. Außerdem haben wir hier einen Messerschleifservice, der gerne genutzt wird.

Alb Knives, Messerladen in Gerstettetn

Ben, wie kamst du zum Messermachen?

Ben: Ich hab‘ eigentlich schon immer gerne gebaut und geschraubt – am liebsten an Motorrädern. Meinem Vater habe ich vor einigen Jahren ein Buch geschenkt zum Thema „Wie macht man schwedische Messer“. Mich hat die Verarbeitung von Holz und Metall beim Messermachen interessiert. Ich hab‘ einige Bücher gelesen, Youtube Videos angeschaut und dann mein erstes Messer hergestellt. Ein Outdoormesser.

Und dann hat dich das Thema nicht mehr losgelassen…

Ben: Ganz genau. 2018 hab‘ ich dann mit Küchenmessern angefangen. Handgemachte Küchenmesser sind selten in Deutschland. Irgendwann hab‘ ich mich bei Instagram angemeldet, um mich mit anderen Messermachern weltweit zu vernetzen und meine Messer zu zeigen. Ich wollte, dass Köche meine Messer ausprobieren und mir Feedback geben. Den Fernsehkoch Vincent Klink hab‘ ich einfach per Mail angeschrieben, tatsächlich hat er ein Küchenmesser bei mir gekauft. Und verrückt, er hatte es sogar mal im ARD Buffet dabei.

Anja, du bist 2020 dann mit eingestiegen. Wie kam es dazu?

Anja: Ich hab‘ schnell gemerkt, dass das was Ben da macht richtig gut ist. Spätestens als wir das Messer im ARD Buffet entdeckt haben (lacht). Ich wusste, da ist Potenzial drin, das sollte nicht nur Hobby bleiben. In meinem damaligen Job war ich nicht mehr glücklich, also hab‘ ich zu Ben gesagt – lass‘ uns einen Laden eröffnen, in dem wir deine Messer präsentieren. Du machst die Messer, ich kümmere mich um alles andere.

Und wie ging’s dann weiter?

Anja: Wir mussten das Gewerbe anmelden beim Finanzamt. Ich dachte eigentlich, wir sind normal intelligente Menschen, aber diese Bürokratie unterschätzt man total. Wir sind erstmal an der zweiten Seite des Antrags „gescheitert“. (Anja und Ben lachen)

Ich kann mir vorstellen, dass so ein Business unter Geschwistern schon alleine herausfordernd sein kann ;)

Anja: Wir haben zum Glück ein sehr gutes Verhältnis. Ich glaube, wenn das nicht so wäre, könnten wir das nicht machen. Das muss schon passen. Und man muss ehrlich zueinander sein und die Dinge ausdiskutieren.

Anja, bist du dann auch zur Messerexpertin geworden?

Anja: Ich hab‘ mir die Expertise auf jeden Fall zu einem großen Stück angeeignet und war öfters mit Ben in der Werkstatt, um ihm zuzuschauen. Man muss sein Produkt kennen, um es verkaufen zu können.

Ben: Die Weihnachtsgeschenke passen sich dementsprechend halt an. Letztes Jahr gab’s von mir für Anja das „Große Buch zum Messer“. (lacht)

Was sagt der Profi: Was macht ein gutes Messer aus?

Ben: Die Klinge sollte eine schöne schmale Geometrie haben, um keinen großen Widerstand beim Schneiden zu erzeugen, der Griff sollte nicht zu groß und nicht zu klein sein. Es sollte gut in der Hand liegen – viele sind überrascht wie leicht unsere Küchenmesser sind.

Wichtig für den Gebrauch: Ein Messer hat in der Spülmaschine nichts verloren und nach dem Abwaschen sollte man es gut trocknen lassen.  

Wie lange brauchst du für die Herstellung eines Messers?

Ben: Im Schnitt so 6 bis 8 Stunden. Der Schliff erfordert die meiste Arbeit. Da braucht man Geduld, um das Metall fein auszuschleifen. Und es kommt drauf an, ob der Kunde noch individuelle Wünsche hat. Manchmal graviere ich noch etwas ein oder der Kunde kommt mit seinem eigenen Holz, das er gerne verwendet hätte.

Ben’s Werkstatt

Messer sind eher so ein Männerding oder ist das nur mein Eindruck?

Anja: Tatsächlich stehen im Laden meistens Frauen, die ihrem Mann ein schönes Messer schenken möchten. Manchmal frag‘ ich mich, ob deren Männer wirklich alle gerne kochen und das geschenkte Küchenmesser auch selbst nutzen. (lacht)

Ben: Tatsächlich gibt es unter den Messermachern, die ich kenne, auch nur ganz wenige Frauen.

Das Thema könntest du ja mal in deinem Podcast aufnehmen. Wie kam es dazu?

Ben: Ja, der Podcast... Auch witzig, wie sich das so ergeben hat. Ich stand immer alleine in der Werkstatt und hatte so viele Themen und Fragen im Kopf und konnte mich mit niemandem austauschen. Also habe ich über Instagram nach „Gleichgesinnten“ gesucht und bin auf Tim Kögler gestoßen, ein junger Messermacher aus Speyer. Jeden Montag treffen wir uns und sprechen in unserem eigenen Podcast „Der Messermacher Podcast“ über verschiedene Aspekte des Messermachens, laden Gäste ein etc. Manchmal denk‘ ich mir schon „Wahnsinn, wie sich das alles entwickelt hat, die letzten Jahre“. Wer weiß, vielleicht mach‘ ich irgendwann nur noch Messer, ich könnte es mir auf jeden Fall vorstellen…

Mehr Infos: https://albknives.de/home & https://www.instagram.com/albknives

Anja, Ben, vielen lieben Dank für das sympathische und lustige Gespräch mit euch beiden. Ich war allein von der Haptik der Messer total begeistert und freue mich schon mein eigenes, handgemachtes Küchenmesser bald in den Händen zu halten.

Katrin Leibing